Neue Zahlen von der Finanzaufsicht: Immer mehr Bankkunden beschweren sich

    08.04.2022
  • Lesezeit ca. 3 Minuten
Kunden beschweren sich bei Banken
© fizkes/www.shutterstock.com

Etwa 12.400 Beschwerden von Bankkunden über ihre Kreditinstitute trafen 2021 bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) ein – circa 3000 mehr als noch im Jahr zuvor. Auch die Ombudsleute der Verbraucherschlichtungsstellen bekamen mit 6000 Schlichtungsanträgen 2021 wesentlich mehr Arbeit auf die Schreibtische gelegt. Ein bestimmter Beschwerde- oder Streitgegenstand dominiert die zahlreichen zusätzlichen Fälle: zu viel gezahlte Kontoführungsgebühren.


Rückblick 27. April 2021: Mit dem Urteil AZ. XI ZR 26/20 entschied der Bundesgerichtshof, dass Banken ihre Kundinnen und Kunden unangemessen benachteiligen, wenn sie Rahmenverträge wie Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) oder Kontoführungsgebühren einseitig ändern und Schweigen beziehungsweise Nichtwiderspruch schon als Zustimmung werten. Besonders im Fokus des Urteils standen Anpassungen – Anhebungen – von Kontoführungsgebühren. Die Entscheidung bekam sogar rückwirkende Gültigkeit für einige Jahre und damit viel Zündstoff für Streit zwischen Banken, Sparkassen und ihrer Kundschaft.

Viele Banken übten Druck aus

Im besagten Verfahren ging es eigentlich nur um die Postbank, doch das Urteil hat Allgemeingültigkeit für sämtliche Banken und Sparkassen. Alle Erhöhungen von Kontoführungsgebühren mindestens der letzten drei Jahre waren mit dem Richterspruch über Nacht unzulässig. Dieser Zeitraum ergibt sich aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), das in diesen Fällen eine Verjährung nach drei Jahren zum Jahresende vorsieht. Konkret:

  • Gebührenerhöhungen aus 2018 konnten bis zum 31. Dezember 2021 zurückgefordert werden.
  • Für unzulässige Gebühren aus 2019 und 2020 gelten Verjährungsfristen bis zum 31. Dezember 2022 beziehungsweise 2023.

Knapp ein Jahr nach dem Urteil ist noch unklar, ob Ansprüche nicht sogar viel weiter zurückreichen. Denn die konkreten Gebühren oder Preise im Jahr 2018 beruhten letztlich alle ebenso auf unzulässigen Änderungen von Geschäftsbedingungen oder Kontoführungsmodellen. Doch schon jetzt sorgt das Urteil oder besser die Umsetzung durch viele Banken und Sparkassen für jede Menge Unmut.

Denn so bankkundenfreundlich das Urteil ausfiel – es enthielt zugleich ein Problem. Banken oder Sparkassen wurden nicht angehalten, selbstständig Erstattungen vorzunehmen. Vielmehr mussten Kundinnen und Kunden konkret ihre Ansprüche berechnen und dann von den Kreditinstituten einfordern.

Wer das tat, bekam dann teilweise kein Geld auf das Konto, sondern Post mit einer Kündigungsandrohung.

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Quer durch das Land gab es im vergangenen Jahr zahlreiche Berichte, wie einzelne Institute auf Ansprüche reagierten. Das Spektrum reichte dabei von vollständigen Rückzahlungen über Teilzahlungen bis hin zu Ablehnungen durch Banken oder Sparkassen. Ebenso gab es Angebote, einer aktuellen oder etwas geminderten Kontoführungsgebühr zuzustimmen und parallel auf Rückforderungsansprüche zu verzichten. Überall legte die Kreditwirtschaft zudem neue Geschäftsbedingungen zur Unterschrift vor.

Ziemlich unverblümt teilten die Banken und Sparkassen allen mit: Wer unser Angebot nicht akzeptiert, muss mit der Kündigung von Konto und Geschäftsverbindung rechnen. Diese Kündigung haben dann tatsächlich viele erhalten und die Banken bekamen Mitte Februar 2022 sogar ersten Rückhalt für ihr rigoroses Vorgehen. Das Landgericht Stuttgart hat entschieden, dass solche Kündigungsandrohungen zumindest im Fall einer Volksbank rechtens waren (AZ. 34 O 98/21 KfH). Die Volksbank in Welzheim hatte der gesamten Kundschaft die Beibehaltung der aktuellen Kontoführungsgebühren angeboten, falls sie dafür auf Rückzahlungsforderungen verzichtet. Die Alternative? Kontokündigung.

Hier wurde rechtlich sicher noch nicht das letzte Wort gesprochen. Jedoch befinden sich so auch sämtliche diesbezüglichen Beschwerden bei der BaFin oder bei den Ombudsleuten in der Schwebe. Die Erfolgsaussichten erscheinen aktuell sogar eher trüb. Selbst von einer höchstrichterlichen Entscheidung eines Tages dürfen Betroffene wohl nur wenig erwarten – die Mehrheit, die sich dem Druck gebeugt hat, sehr wahrscheinlich sogar gar nichts. Wer sich gegen die Kreditinstitute gestellt hat und deswegen das Konto verlor, könnte eventuell einmal einen kleinen Schadensersatz zugesprochen bekommen.

Sicher ist hingegen: Die Rechtsstreitigkeiten zu diesem Thema werden noch jahrelang weitergehen. Außerdem wird langsam deutlich, dass das BGH-Urteil 2021 wesentlich weniger Veränderung für das Verhältnis zwischen Kreditinstituten und ihren Kunden beinhaltet hat, als zunächst angenommen. Banken oder Sparkassen fordern jetzt häufiger zur Zustimmung für Änderungen von Gebühren und Geschäftsbedingungen auf. Eine wirkliche Wahl haben aber nur die Kundinnen und Kunden, die dann zu einem Bankwechsel bereit sind. Das sind erfahrungsgemäß nicht viele – und da aktuell kaum mehr als ein Dutzend Kreditinstitute noch ein kostenloses Girokonto anbietet, wartet nach einem Wechsel bei den meisten Banken ohnehin nur eine Fortsetzung der Abwägung zwischen zähneknirschendem Schlucken von Gebührenerhöhungen oder erneutem Bankwechsel. Der Kunde ist eben doch nicht immer König.

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