Fluggastrechte: Hohe Entschädigungen bei Verspätungen und Flugausfall

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Junger Mann am Flughafen warten auf seinen verspäteten Flug
© David Prado Perucha/www.shutterstock.com

Der Beginn der Sommerzeit läutet die Urlaubssaison ein. Überall an den europäischen Flughäfen herrscht wieder viel Betrieb. Doch die Verspätung eines Fluges oder gar ein kompletter Flugausfall strapazieren dabei jedes Jahr aufs Neue die Nerven. Fluggäste müssen das aber nicht hinnehmen.


Von Flugausfällen und Verspätungen betroffene Reisende haben dank der EU-Fluggastrechteverordnung umfangreiche Rechte gegenüber den Fluggesellschaften. Bei ausgefallenen oder verspäteten Flügen winken pauschale Entschädigungen. Auch wenn diese Verordnung nach einem bürokratischen Monster klingt – es ist relativ einfach, an sein Geld zu kommen.

In welchen Fällen erhalte ich eine Entschädigung?

Bei Flugausfällen, Flugverspätungen und Überbuchungen sieht die EU-Fluggastrechteverordnung Entschädigungen für die betroffenen Passagiere vor. Dabei sind die Fälle, in denen die Airlines Schadensersatz leisten müssen, genau definiert. Diese umfassen auch den Rücktransport vom Flughafen, Ersatzflüge und eventuell in Anspruch genommene Betreuungsleistungen auf den Flughäfen bei langen Wartezeiten. Vorteil: die Entschädigungen werden pauschal gezahlt, es muss kein persönlicher Schaden nachgewiesen werden. Unter folgenden Voraussetzungen haben Sie nach der EU-Fluggastrechteverordnung einen Anspruch auf Entschädigungen:

  • Das Endziel wird mit mehr als drei Stunden Verspätung erreicht. Als „erreicht“ gilt dabei das Öffnen der Flugzeugtüren am Zielort.
  • Passagiere mit gültigem Flugticket werden abgewiesen aus Gründen, die sie nicht selbst zu vertreten haben, beispielsweise weil ein Flug überbucht wurde.
  • Der Flug fällt aus, ohne dass die Passagiere rechtzeitig informiert oder ihnen ein Ersatzflug angeboten wurde. Eine Flugumleitung ist in der Regel gleichbedeutend mit einem Flugausfall.

Fluggastrechteverordnung greift nur innerhalb der EU

Da es sich bei der Fluggastrechteverordnung um eine Regelung der EU handelt, greift diese natürlich auch nur in Ländern, die zur EU gehören. Das heißt, ein Anspruch auf Entschädigung nach dieser Verordnung besteht nur, wenn die betroffene Fluggesellschaft ihren Sitz in der EU hat. Übrigens: Norwegen, die Schweiz und Island haben sich der Verordnung ebenfalls angeschlossen. Zudem muss das Flugzeug in der EU starten oder landen.

Höhere Gewalt

Unter bestimmten Umständen kann es einer Fluggesellschaft unmöglich sein, einen Flug durchzuführen. Gleiche Umstände können auch zu erheblichen Verspätungen führen. Solche Umstände führen dann nicht zu einer Entschädigung nach der EU-Fluggastrechteverordnung. Dazu gehören Sperrungen des Luftraums, Schließungen von Flughäfen (zum Beispiel bei Terrorverdacht), Unwetter, Streiks und so weiter. Wichtig: streikt das eigene Personal einer Fluggesellschaft – beispielsweise ein Streik der Piloten – zählt das nicht zu den Umständen, die eine Fluggesellschaft von der Entschädigungspflicht befreien.

Wie hoch sind die Entschädigungen?

Die Höhe der Entschädigung ist nach der EU-Fluggastrechteverordnung genau definiert und hängt nur von der Entfernung zwischen Abflug- und Zielflughafen ab. Wichtig: Gutscheine oder Ersatzflugmeilen als Entschädigung sind unzulässig und müssen daher nicht angenommen werden. Kann die Fluggesellschaft einen Ersatzflug anbieten, der innerhalb einer bestimmten Frist am Zielflughafen ankommt, kann sie die Entschädigung um 50 Prozent mindern. Sie haben auf folgende Entschädigungen Anspruch:

  • 250 Euro bei Entfernungen bis 1.500 Kilometer. Bei Ankunft eines Ersatzfluges innerhalb von zwei Stunden nach der geplanten Ankunftszeit 125 Euro.
  • 400 Euro bei innereuropäischen Flügen über 1.500 Kilometer sowie bei Flügen aus Staaten außerhalb der EU. Bei Ankunft eines Ersatzfluges innerhalb von drei Stunden nach der geplanten Ankunft 200 Euro
  • 600 Euro bei Flügen aus oder in Staaten außerhalb der EU mit einer Entfernung von mehr als 3.500 Kilometern. Bei Ankunft eines Ersatzfluges innerhalb von vier Stunden nach der geplanten Ankunft 300 Euro.

Der Anspruch auf Entschädigung gilt selbstverständlich nicht nur für privat Reisende, sondern steht auch Fluggästen zu, die sich für ihren Arbeitgeber auf Dienstreise befinden.

Übrigens: Fluggäste, deren Flug sich um mehr als fünf Stunden verspätet können vom Beförderungsvertrag mit der Fluggesellschaft zurücktreten und haben Anspruch auf Erstattung des vollen Flugpreises ohne Abzug von Gebühren.

Wie komme ich an mein Geld?

Vorab: nach deutschem Recht können Entschädigungsleistungen innerhalb von drei Jahren zum Ende des Kalenderjahres verjähren. Es ist daher ratsam, eventuelle Ansprüche unmittelbar nach Rückkehr geltend zu machen.

Zunächst ist es wichtig, sich Verspätungen und die Gründe für Flugausfälle genau zu notieren. Danach ist es ratsam, zunächst die Fluggesellschaft schriftlich zur Zahlung der Entschädigung gemäß EU-Fluggastrechteverordnung aufzufordern. Im Internet finden Sie zahlreiche Musterschreiben, die als Vorlage verwendet werden könnten. Es bieten sich auch verschiedenen Online-Plattformen an, auf denen die Daten in ein Formular eingegeben und automatisch bearbeitet werden können, wie zum Beispiel auf www.fairplane.de. Solche Plattformen erhalten im Erfolgsfall allerdings eine Provision. Sollte eine Airline auf Ihre Aufforderung nicht reagieren, lohnt es sich, Kontakt zur Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personennahverkehr (www.soep-online.de) aufzunehmen, die SÖP arbeitet für Verbraucher kostenfrei. Schlussendlich können Sie auch einen Rechtsanwalt beauftragen. Dieser Weg lohnt sich in den meisten Fällen aber nur, wenn Sie über eine Rechtsschutzversicherung mit niedrigem Eigenanteil verfügen.

Der tatsächliche Schaden durch Verspätung oder Flugausfall liegt höher

Sollte der tatsächliche Schaden, der durch eine Verspätung oder einen Flugausfall verursacht wird, höher liegen als die durch die EU-Fluggastrechteverordnung geregelte Entschädigungszahlung, ist die Fluggesellschaft selbstverständlich schadenersatzpflichtig. Das kann zum Beispiel bei geplatzten Geschäftsterminen der Fall sein oder auch, weil der Fluggast die Abfahrt eines gebuchten Kreuzfahrtschiffes verpasst. Solche Schäden müssen allerdings konkret nachgewiesen werden. Für solche Schäden tritt das weltweit geltende Montrealer Übereinkommen ein.

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