Ökostrom-Wechsel: Es ist kompliziert

    11.02.2022
  • Lesezeit ca. 3 Minuten
Hand hält erneuerbare Energien
© PopTika/www.shutterstock.com

Anfang 2022 ist Strom so teuer wie nie. Die zum Jahresanfang immerhin um 43 Prozent gesenkte EEG-Umlage auf jede Kilowattstunde Strom macht sich für Stromkunden überhaupt nicht bemerkbar. Dazu müssen viele nach Pleiten ihrer Anbieter nun nach neuen Stromlieferanten schauen, um die noch teurere Grundversorgung zu vermeiden. Hier und generell suchen die Verbraucher oft nach Ökostrom. Doch dabei gibt es einiges zu beachten.


Die Zahl der Menschen, die persönlich einen Beitrag zum Schutz von Klima oder Umwelt leisten wollen, wächst seit Jahren kontinuierlich. Jeder hält dazu in seinem alltäglichen Handeln oder bei Konsumentscheidungen viele Mittel in der Hand. Dazu zählen unter anderem der Einkauf von Bio-Lebensmitteln oder der Bezug von Ökogas und Ökostrom. Doch leider ist bei weitem nicht auf allen Lebensmitteln, Gas oder Strom, wo Öko dransteht auch Öko drin.

Das sollte Ökostrom sein

Ökologischer Strom sollte immer zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen kommen. Dazu zählen allen voran Solarenergie sowie Wind- oder Wasserkraft und in geringerem Maß auch Biomasse. Bereits 2019 war es nach Umfragen des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv) für zwei von drei Stromkundinnen oder -kunden wichtig oder sehr wichtig, solchen Ökostrom zu nutzen.

Was aus Ihrer Steckdose kommt

Praktisch ist es jedoch unmöglich, zum Beispiel den Strom aus einem Windpark gezielt in die Haushalte von Ökostromkunden zu lenken. Sobald Sie einen Lichtschalter betätigen oder ein Gerät anschalten, erhalten Sie Strom aus einer der nächsten verfügbaren Quellen. Diese Quellen sind im Zweifelsfall ein Atom- oder sogar ein Kohlekraftwerk. Im ersten Halbjahr 2021 stammten 27,1 Prozent der gesamt eingespeisten Strommenge in Deutschland aus der alles andere als klimafreundlichen Kohleverstromung. Die erneuerbaren Energien hatten insgesamt einen Anteil von 44 Prozent. Wie können Ihnen diverse Anbieter hier trotzdem zusichern, dass Sie zu 100 Prozent ökologischen Strom erhalten?

Herkunftsnachweise und ihre Rolle in der Energiewende

Ökostrom-Anbieter müssen Ihnen keinen reinen Ökostrom liefern. Das können Sie auch gar nicht, solange die Stromversorgung im Land nicht vollständig aus erneuerbaren Energien entsteht. Die Anbieter sind jedoch verpflichtet, für Ihre Ökostrom-Angebote Herkunftsnachweise zu kaufen – in der Größe oder Strommenge, die an Sie und andere geliefert wird. Diese Nachweise müssen klar belegen, wo und wie der Strom dahinter nachhaltig erzeugt wurde. Hier eröffnet sich nun ein deutsches Problem. Wer regenerative Energien in Deutschland erzeugt, erhält eine Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) über die EEG-Umlage. Der so erzeugte Strom wird ohne Deklaration als Ökostrom ins Netz gespeist. Betreiber haben hier die Wahl: EEG-Umlage oder Einnahmen aus Herkunftsnachweisen. Fast alle haben sich für die sicheren Umlagen entschieden. Deswegen führen die Herkunftsnachweise fast ausschließlich zu Stromerzeugern im Ausland.

Mit Ökostrom tatsächlich Energiewende und Klimaschutz unterstützen

Die Herkunftsnachweise kommen dann oft aus Norwegen oder Österreich. Der dort erzeugte Strom ist zwar ökologisch oder regenerativ gewonnen, kommt aber mit großer Sicherheit niemals hier oder bei Ihnen direkt an. Die Strompreise im Ausland sind zudem oft günstiger als in Deutschland. Durch den Nachweis entstehen kaum Mehrkosten und so wirken Ökostromtarife oft verlockend günstig. Nicht umsonst gibt es an dieser Stelle oder bei anderen CO2-Kompensationen aber auch immer wieder Diskussionen, ob nicht eher ein moderner Ablasshandel als ein effektiver Klimaschutz praktiziert wird. Wollen Sie also mit einem Ökostrom-Wechsel tatsächlich etwas für den Klimaschutz oder die Energiewende erreichen, müssen Sie etwas genauer hinschauen. Denn es gibt durchaus Anbieter oder Tarife, die hier mehr leisten.Vergleichen Sie hier schnell und einfach Ökostromanbieter und finden Sie den passenden für Ihre Bedürfnisse.

Ökostromlabels als Orientierung

Labels wie das

  • Grüner-Strom-Label oder das
  • ok-Power-Label

bringen Sie echtem Ökostrom wesentlich näher.

Für diese Labels gilt die Bedingung, dass sich Anbieter

  • tatsächlich hierzulande mit finanziellen Beiträgen für jeden Kunden am Ausbau erneuerbarer Energien beteiligen oder
  • anderweitig die Energiewende mit flankierenden Maßnahmen unterstützen und
  • sich nicht mehr an den alten Energien wie Atom oder Kohle beteiligen

Hier findet in unterschiedlichem Maß eine echte Unterstützung der Energiewende statt. Aber Labels oder Zertifizierungen besitzen auch immer eine Schattenseite: Sie sind teuer und die Überprüfungsverfahren dauern. Plattformen wie Utopia betrachten deswegen auch nicht oder noch nicht gelabelte oder zertifizierte Anbieter.

Zusammengefasst: Ein echter Ökostrom-Wechsel funktioniert – aber nicht ohne Aufwand

Die Mehrzahl der Ökostrom-Tarife trägt wenig bis nichts zur Energiewende in Deutschland bei und leistet nur begrenzt einen Beitrag zum globalen Klimaschutz. Der benötigte Strom kommt bei diesen Tarifen im Zweifelsfall immer noch aus Atom- oder Kohlekraftwerken im In- oder dem Ausland. Während sich Deutschland von diesen Energieerzeugern verabschieden will, setzen die meisten europäischen Nachbarn weiter auf sie und wollen sie oftmals sogar noch ausbauen. Diese Entscheidungen betreffen auch Deutschland, das sich nicht einfach aus dem europäischen Stromnetz oder -markt abkoppeln kann.

Als Eigentümer einer Immobilie können Sie sich dagegen etwas abkoppeln und sich mit einer Photovoltaikanlage selbst echten Ökostrom generieren. Im Mieterland Deutschland hat mehr als die Hälfte der Bevölkerung diese Möglichkeit jedoch nicht. Sie muss genauer nach echten Ökostrom-Tarifen und Einsparmöglichkeiten beim Stromverbrauch suchen, wenn sie zum Klimaschutz beitragen will.

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