Teure Rutschpartie - Das droht beim Fahren ohne Winterreifen

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Sommer- und Winterreifen
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Wer in der kalten Jahreszeit bei Schnee und Matsch mit Sommerreifen unterwegs ist, riskiert nicht nur, in schwere Unfälle verwickelt zu werden, die mit der richtigen Bereifung verhindert worden wären. Auch beim Versicherungsschutz ist mit erheblichen Einschränkungen zu rechnen. Das gilt insbesondere dann, wenn nachweislich mit widrigen Straßenverhältnissen gerechnet werden musste - im Winter also praktisch immer.


Zwar gibt es in Deutschland keine allgemeine Winterreifenpflicht - insbesondere ist in der Straßenverkehrsordnung (StVO) kein spezieller Zeitraum für das Aufziehen von Winterreifen vorgesehen. Die StVO nennt aber bestimmte Straßenverhältnisse, bei denen das Fahren mit einem Kraftfahrzeug nur dann erlaubt ist, wenn es mit einer entsprechend geeigneten Bereifung ausgerüstet ist.

Die Vorschrift der StVO

Die StVO führt insbesondere Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eisglätte oder Reifglätte als Straßenverhältnisse auf, die einer besonderen Bereifung nach der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) bedürfen und die hauptsächlich in den Herbst- und Wintermonaten zu erwarten sind. Es wird daher auch von einer situativen Winterreifenpflicht gesprochen. Wer gegen die Regel verstößt, riskiert ein Bußgeld und einen Punkt in der Flensburger Verkehrssünderkartei. Werden andere Verkehrsteilnehmer behindert, etwa weil man mit der falschen Bereifung steckenbleibt, wird sogar ein erhöhtes Bußgeld fällig.

Sommerreifen - Winterreifen: Wo ist der Unterschied?

Bei widrigen Straßenverhältnissen und tiefen Temperaturen, wie sie im Winter regelmäßig vorkommen können, sind die Fahreigenschaften von Sommerreifen sehr ungünstig. Sommer- und Winterreifen unterscheiden sich vor allem in der Gummimischung und dem Reifenprofil. Die Gummimischung von Sommerreifen ist deutlich härter, weil die Reifen hohen Temperaturen ausgesetzt sind. Winterreifen enthalten dagegen weichere Mischungen und zeichnen sich durch viele kleine Profileinschnitte - den sogenannten Lamellen - aus, die sich mit Schnee und Eis verzahnen und dadurch ein unkontrolliertes Rutschen verhindern. Bei winterlichen Straßenverhältnissen bedeuten Winterreifen also einen deutlich kürzeren Bremsweg und eine bei weitem bessere Kontrolle des Fahrzeugs auf rutschigem Untergrund.

Woran erkenne ich Winterreifen

Winterreifen, die den Anforderungen der Straßenverkehrszulassungsordnung entsprechen, sind mit bestimmten Kennzeichen markiert. Während bis vor einigen Jahren noch die sogenannten Allwetterreifen mit der Kennzeichnung M+S für Matsch und Schnee nach der StVZO auf winterlichen Straßen zulässig waren, wurde die Vorschrift inzwischen deutlich verschärft. Demnach gelten nur noch Winterreifen, die zusätzlich mit dem "Alpine"-Symbol, ein Piktogramm, das eine Schneeflocke vor einem Berg mit drei Spitzen zeigt, gekennzeichnet sind. Diese Reifen wurden in einem weltweit anerkannten, standardisierten Prüfverfahren getestet und gelten als wintertauglich. Allerdings ist allein die korrekte Kennzeichnung der Winterreifen noch kein Freifahrtsschein. Der Halter beziehungsweise der Fahrer des Fahrzeugs muss auch dafür sorgen, dass die aufgezogenen Winterreifen in einem guten Zustand sind. Dazu gehört in Deutschland beispielsweise eine Mindestprofiltiefe von 1,6 Millimetern, wobei der ADAC aber eine Mindestprofiltiefe von 4 Millimetern empfiehlt. Als Faustformel gilt hierbei: Je geringer die Profiltiefe, desto länger der Bremsweg. Auch das Material, aus dem die Reifen bestehen, verändert sich im Laufe der Zeit. Das Gummi wird mit den Jahren härter, sodass die Bodenhaftung bei winterlichen Temperaturen nachlässt. Winterreifen sollten daher spätestens nach sechs Jahren ausgetauscht werden, denn schlechte Winterreifen sind wir gar keine Winterreifen.

Was gilt im Ausland?

Im Ausland können andere, teils schärfere Vorschriften gelten. Will man in der kalten Jahreszeit mit dem eigenen Auto ins Ausland verreisen, sollte man sich unbedingt vorher über die dort geltenden Regelungen informieren. Dies gilt auch für Transitländer, die man zum eigentlichen Reiseziel nur durchfährt. Hier können zusätzlich zu den Winterreifen auch Schneeketten zur Pflichtausrüstung gehören. In einigen Ländern ist bei Verstößen mit hohen Bußgeldern zu rechnen. So können beispielsweise in Österreich bis zu 5.000 Euro fällig werden, wenn der Pflicht zur Verwendung von Winterreifen und gegebenenfalls zusätzlichen Schneeketten nicht nachgekommen wird.

Als Unfallopfer ohne Winterreifen

Die falsche Bereifung kann nicht nur für den Unfallverursacher zum Problem werden. Auch das Unfallopfer muss damit rechnen, dass ihm bei nicht geeigneter Bereifung eine Teilschuld am Unfall zugerechnet wird, etwa weil sich dadurch Bremswege deutlich verlängert haben. Wird eine Teilschuld auf Grund falscher Bereifung festgestellt, hat das für das Unfallopfer in der Regel negative Auswirkungen auf die Schadensregulierung durch die Versicherung des Unfallverursachers.

Welche Folgen drohen beim Versicherungsschutz?

Bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug springt für die Schäden des Unfallopfers grundsätzlich die KFZ-Haftpflichtversicherung ein. Die Haftpflichtversicherung gehört zu den Pflichtversicherungen, ohne die die Nutzung eines Kraftfahrzeugs auf öffentlichen Verkehrswegen nicht zulässig ist. Für Schäden am eigenen Fahrzeug werden in der Regel Kaskoversicherungen abgeschlossen. Soweit eine falsche Bereifung - beispielsweise Sommerreifen auf schneeglatter Straße - ursächlich für einen Unfall ist oder Personen- und Sachschäden dadurch verstärkt wurden, hat das in der Regel erhebliche Auswirkungen auf den Versicherungsschutz. Zwar reguliert die Haftpflichtversicherung des Fahrzeughalters, der den Unfall verursacht hat, den Fremdschaden, also den Schaden des Unfallopfers. Allerdings kann die Versicherung den versicherten Fahrzeughalter mit bis zu 5.000 Euro in Regress nehmen. Auch bei der Kaskoversicherung kann die falsche Bereifung bei der Regulierung des Schadens am eigenen Auto je nach den vereinbarten Versicherungsbedingungen Leistungskürzungen der Versicherungsgesellschaft zur Folge haben.

Kraftfahrzeugführer, die bei entsprechenden Straßenverhältnissen ohne Winterbereifung unterwegs sind, riskieren auch dann hohe Einbußen, wenn sie einen Unfall selbst nicht verschuldet haben. Wird ihnen auf Grund der Verwendung von Reifen, die nicht den vorherrschenden Straßenverhältnissen angepasst sind, eine Teilschuld zugeschrieben, wird die Haftpflichtversicherung des Unfallsverursachers den Schaden nur in der Höhe regulieren, die dem Unfallverursacher zuzurechnen ist. Dies gilt sowohl für Sach- als auch für Personenschäden. Während Sachschäden in der Regel als einmaliger Schaden vielleicht noch zu verkraften sind, können sich Personenschäden gegebenenfalls auf das ganze Leben auswirken, wenn beispielsweise dadurch die Arbeitskraft ganz oder teilweise verloren geht. Im Extremfall kann also die Verwendung einer falschen Bereifung mit lebenslangen finanziellen Einbußen verbunden sein und zwar selbst dann, wenn man nicht der Verursacher des Unfalls ist.

Fazit

Die Verwendung einer nicht zulässigen Bereifung kann mit erheblichen Leistungskürzungen der Versicherung einhergehen, und zwar sowohl für den Unfallverursacher als auch für das Unfallopfer. Im Extremfall kann sich der finanzielle Schaden ein Leben lang auswirken. Da im Herbst und Winter praktisch immer mit entsprechenden Straßenverhältnissen gerechnet werden muss, sollten unbedingt rechtzeitig Winterreifen aufgezogen werden. Eine einfach zu merkende Faustformel lautet: Von O bis O - von Oktober bis Ostern.

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