Wenn ein Todesfall zum Vertrags-Chaos führt

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Testament
© William Potter/www.shutterstock.com

Ein Trauerfall in der Familie oder im Freundeskreis reißt Angehörigen oft den Boden unter den Füßen weg. Plötzlich scheinen feste Bestandteile des Lebens keine Gültigkeit mehr zu haben. Aber Achtung: Das gilt nicht für Verträge und Geschäfte. Diese bleiben gültig und können den Erben stark belasten, wenn er nicht schnell und richtig reagiert.


Mit dem Tod geht das gesamte Vermögen eines Menschen auf seinen Erben über. Dazu gehören nicht nur Immobilien, Wertpapiere oder Barvermögen, sondern auch Verträge, Versicherungen und sogar Schulden. Nach einem Trauerfall sind dies die letzten Themen, mit denen Hinterbliebene sich beschäftigen wollen. Doch für Erben ist es unverzichtbar, sich damit auseinanderzusetzen. Über bestimmte Dinge sollten sie sich einen Überblick verschaffen:

  • Versicherungen
  • Bankkonten
  • Kreditverträge
  • Krankenkasse
  • Wohnung
  • Telefon und Internet
  • Abos
  • Spenden
  • Vereine und Parteien
  • Soziale Medien
  • Fitnessstudio
  • Autoversicherung

Mit etwas Glück hat der Verstorbene alle wichtigen Dokumente ordentlich aufbewahrt. Ansonsten bietet sich der Blick auf seine Kontoauszüge an. Hier finden Hinterbliebene Informationen zu allen möglichen Verträgen, Daueraufträgen und laufenden Krediten.

Wenige Stunden Zeit bei Versicherungen

Für viele mag es fast wie ein Aprilscherz klingen. Aber bei einigen Versicherungen haben Hinterbliebene nach einem Todesfall nur wenige Stunden Zeit, um zu reagieren. Ist der Verstorbene durch einen Unfall ums Leben gekommen, muss der Erbe sich innerhalb von 48 Stunden bei der Unfallversicherung melden. Ist er zu spät dran, kann die Versicherung Zahlungen verweigern. Auch bei Lebens- oder Sterbegeldversicherungen gelten knappe Fristen. Zwischen 24 und 72 Stunden haben Hinterbliebene Zeit, um den Tod zu melden und Leistungen anzufordern. Diese Leistungen können sehr wichtig sein, um Angehörige vor finanziellen Belastungen zu bewahren. Geht es zum Beispiel um die Beerdigung, fallen Kosten von mehreren tausend Euro an. Eine Sterbegeldversicherung fängt sie auf – wenn Angehörige schnell genug reagieren.

Bei anderen Versicherungen herrscht weniger Druck. Berufsunfähigkeits- oder Krankenversicherungen enden automatisch mit dem Tod, sodass Hinterbliebene sich nicht um eine Kündigung kümmern müssen. Mitversicherte Familienmitglieder sollten sich aber an die Krankenkasse wenden, um zu klären, wie sie fortan versichert sind.

Wohngebäude-, Hausrat- oder Kfz-Versicherungen können gekündigt werden, sofern sie nicht mehr benötigt werden. Übernimmt der Erbe zum Beispiel die Wohnung des Verstorbenen samt Einrichtung, kann die Hausratversicherung weiterhin bestehen. Er ist aber nicht gezwungen, sich doppelt zu versichern, wenn er bereits eine eigene Hausratversicherung hat.

Den Todesfall können Hinterbliebene zunächst per Telefon oder E-Mail melden. Eine E-Mail zu schreiben, hat den großen Vorteil, dass im Falle eines Streits schriftliche Beweise vorliegen.

Nach der ersten Meldung müssen dann folgende Unterlagen eingereicht werden. Falls die Versicherung noch weitere Dokumente benötigt, wird sie den Zuständigen darüber informieren.

  • Versicherungsschein (im Original)
  • Kopie der Sterbeurkunde
  • ggf. ärztliches oder amtliches Attest über die Todesursache
  • ggf. Geburtsurkunde des Verstorbenen

Was passiert mit der Wohnung?

Das Mietverhältnis endet nicht automatisch, wenn ein Mieter verstirbt. Unterschiedliche Szenarien können stattfinden, in denen das Mietverhältnis fortläuft.

Weitere Person im Mietvertrag. Wenn neben dem Verstorbenen noch jemand anders im Mietvertrag steht, ist diese Person in der Regel geschützt. Sie führt dann den Mietvertrag weiter und der Vermieter darf ihr nicht ohne Weiteres kündigen.

Mitbewohner. Wenn der Verstorbene allein im Mietvertrag stand, aber weitere Personen mit ihm in der Wohnung lebten, geht das Mietverhältnis automatisch auf diese über. Lebte nur eine Person mit dem Verstorbenen zusammen, tritt sie allein in den Mietvertrag ein. Leben mehrere Personen in der Wohnung, wird eine Reihenfolge festgelegt: An erster Stelle stehen Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner. Danach folgen Kinder, weitere Familiengehörige und zuletzt sonstige Personen, die mit dem Verstorbenen dauerhaft zusammengelebt haben. Mitbewohner können den Eintritt in den Mietvertrag innerhalb eines Monats ablehnen. In diesem Fall wird der Erbe automatisch zum Mieter. Vermieter und Erbe können innerhalb eines Monats kündigen, müssen aber die gesetzliche Dreimonatsfrist berücksichtigen.

Auch Strom-, Wasser- und Gasversorgung muss gekündigt werden. Dazu muss der Erbe die Sterbeurkunde und die Kundennummer des Verstorbenen vorlegen, genau wie den Zählerstand, der für die Schlussrechnung ausschlaggebend ist. Internet- und Telefonverträge können für gewöhnlich nur zum Ende der Vertragslaufzeit gekündigt werden. Die meisten Anbieter zeigen sich bei einem Todesfall aber verständlich und ermöglichen eine frühzeitige Aufhebung des Vertrags. Der Erbe kann Anschlüsse auch übernehmen und sich als neuen Inhaber eintragen lassen.

War der Verstorbene in einem Alten- oder Pflegeheim untergebracht, müssen Hinterbliebene nicht kündigen. Der Heimvertrag endet automatisch mit dem Tod des Bewohners.

Bankkonten und Kreditverträge

Haben Hinterbliebene eine Bankvollmacht, die über den Tod hinaus gültig ist, können sie das Konto des Verstorbenen schließen. Ohne eine solche Vollmacht dürfen nur Erben über Konten verfügen. Sie benötigen dazu einen Erbschein, ein Testament oder einen Erbvertrag.

Für ein laufendes Darlehen besteht für den Erben kein außergewöhnliches Kündigungsrecht. Er erbt nicht nur Barvermögen, sondern auch Schulden. Deshalb muss er Kredite weiter bedienen. Das kann zu starken finanziellen Problemen führen. Betroffene sollten mit der Bank in Verbindung treten und über eine vorzeitige Beendung des Kreditvertrags verhandeln. Meist muss dann eine Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt werden, die den Verlust der Bank ausgleicht.

Abos und Mitgliedschaften

Abos für Zeitungen, Zeitschriften, Streaming- und TV-Dienste oder Monatskarten für öffentliche Verkehrsmittel können meistens vor Vertragsende gekündigt werden. Unternehmen zeigen sich im Falle eines Todes kulant und lassen mit sich reden.

Mitgliedschaften in Parteien oder Vereinen enden in der Regel mit dem Tod. Trotzdem sollten Hinterbliebene den Todesfall melden. Zu viel gezahlte Beiträge werden oft erstattet. Eine Mitgliedschaft im Fitnessstudio endet nicht automatisch. Sie kann oft auch nur zum festgelegten Vertragsende gekündigt werden. Es bietet sich trotzdem an, den Betreiber des Studios um eine frühzeitige Aufhebung des Vertrags zu bitten.

Benutzerkonten in sozialen Medien können ohne Passwort nicht einfach gelöscht werden. Hinterbliebene müssen deshalb das jeweilige Unternehmen kontaktieren und über den Todesfall informieren, wenn Konten entfernt werden sollen.

Daueraufträge für Spendendienste können ohne Frist jederzeit gelöscht werden.

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