Grundsteuerbescheid prüfen und Einspruch einlegen

    06.04.2023
  • Lesezeit ca. 4 Minuten
Modellhaus auf Geldscheinen mit Taschenrechner
© Shawn Hempel/www.shutterstock.com

Am 31. Januar endete für die meisten die Abgabefrist zur Grundsteuererklärung – nur Bayern hat noch Zeit bis Ende April 2023. Überall im Land erreichen nun die ersten Grundsteuerbescheide die Briefkästen der Eigentümer. Prüfen Sie diese zeitnah, denn bei eventuellen Fehlern im Bescheid bleibt Ihnen genau ein Monat, um Widerspruch einzulegen.


Die aktuell verschickten Grundsteuerbescheide verraten Ihnen noch nicht, wie viel Sie ab 2025 tatsächlich an Grundsteuern bezahlen müssen. Dazu folgt noch ein weiteres Schreiben von Ihrer Gemeinde oder Stadt mit dem genauen Grundsteuerbetrag, was aller Voraussicht nach in der zweiten Hälfte des nächsten Jahres eintreffen soll. Die gerade vom zuständigen Finanzamt übermittelte Post enthält aber bereits zwei wesentliche Berechnungsgrundlagen für die spätere Grundsteuer. Schauen Sie direkt nach, ob Ihr Finanzamt hier alles richtig gemacht hat.

Grundsteuerwert oder Grundsteueräquivalenzbetrag und Grundsteuermessbetrag

Streng genommen besteht der Grundsteuerbescheid in fast allen Bundesländern aus drei einzelnen Bescheiden. Vom Finanzamt erhalten Sie gerade:

  • den Bescheid über den Grundsteuerwert
  • und den Bescheid über den Grundsteuermessbetrag
  • Der endgültige Grundsteuerbescheid kommt später von der Kommune

In Hessen verschickt das Finanzamt nur einen einzigen Bescheid zum Grundsteuermessbetrag. In den Bundesländern Bayern, Hamburg und Niedersachsen werden keine Grundsteuerwerte, sondern sogenannte Grundsteueräquivalenzbeträge mitgeteilt. Hamburg und Berlin nennen Ihnen 2023 zudem nur den Grundsteueräquivalenzbetrag beziehungsweise Grundsteuerwert und teilen den Messbetrag erst 2024 separat mit.

Inhaltlich weichen die Bescheide in ihrer Form außerdem je nach Bundesland erheblich voneinander ab. Denn für die Neuberechnung der Grundsteuer konnte sich jedes Land entweder für das vom Bund entworfene Modell – das „Scholz-Modell“ – oder eine eigene Berechnungsgrundlage entscheiden. So gelten nun sechs verschiedene Modelle in Deutschland.

Folgende Länder nutzen das Bundesmodell:

  • Berlin
  • Brandenburg
  • Bremen
  • Mecklenburg-Vorpommern
  • Nordrhein-Westfalen
  • Rheinland-Pfalz
  • Saarland
  • Sachsen
  • Sachsen-Anhalt
  • Schleswig-Holstein
  • Thüringen

Hier kommt ein Ertragswertverfahren mit Addition des Bodenwerts zur Anwendung. Wohnen Sie in den genannten Bundesländern, werden Sie schon bei der Grundsteuererklärung die Komplexität des Verfahrens mit vielen für Laien kaum nachvollziehbaren Angaben bemerkt haben. Der fertige Bescheid dazu fällt jetzt ähnlich kompliziert und umfangreich aus.

Grundsteuerbescheid prüfen: Bundesmodell

Abschnitt A

Hier sehen Sie den Grundsteuerwert sowie alle Daten zu Ihrem Grundstück. Diese Zahlen lassen sich schnell abgleichen. Beim zweiten Teil müssen Sie dann deutlich genauer hinschauen.

Abschnitt B

Da es sich beim Bundesmodell um ein Ertragswertverfahren handelt, kommen an dieser Stelle viele Finanzbegriffe ins Spiel. Dabei ist es egal, ob Sie Ihr Eigentum selbst nutzen oder vermietet haben. Der Ertragswert wird immer rein kalkulatorisch ermittelt.

Achten Sie zuerst auf die korrekte Angabe der Eckdaten:

  • Grundstücksgröße
  • Nutz- und Wohnfläche
  • Baujahr der Immobilie
  • Garagenanzahl und
  • Bodenrichtwert

Nun beginnt der komplizierte Teil der Prüfung. Um alle Daten des Bescheids zu kontrollieren, benötigen Sie außerdem das Bewertungsgesetz (BewG). Hier haben wir für Sie alle relevanten Prüfpunkte in alphabetischer Reihenfolge zusammengefasst:

  • Abgezinster Bodenwert: Fläche x Bodenrichtwert x Abzinsungsfaktor x Umrechnungskoeffizient
  • Abzinsungsfaktor: Diesen entnehmen Sie der Anlage 41 BewG.
  • Kapitalisierter Reinertrag des Grundstücks: Reinertrag x Vervielfältiger. Den Wert des Vervielfältigers finden Sie in Anlage 37 BewG.
  • Liegenschaftszinssatz für das Grundstück: siehe §256 BewG
  • Reinertrag des Grundstücks: Rohertrag abzüglich Bewirtschaftungskosten gemäß Anlage 40 BewG
  • Restnutzungsdauer des Gebäudes: wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer (meist 80 Jahre) abzüglich des individuellen Gebäudealters – mindestens 24 Jahre.
  • Rohertrag: Die statistische Nettokaltmiete (Anlage 39 BewG) multipliziert mit zwölf ergibt den Rohertrag p.a.
  • Rohertrag für Garagen: Hier werden pauschal 35 Euro monatlich angenommen. Multiplizieren Sie diesen Betrag mit der Mietniveaustufe aus Anlage 39 und dem Faktor zwölf und Sie erhalten den Rohertrag für Garagen. Eine Addition der beiden Roherträge (Garage und Gebäude) ergibt dann den Gesamtrohertrag für Ihr Grundstück.

Aus dem kapitalisierten Reinertrag zuzüglich des abgezinsten Bodenwerts ergibt sich schließlich der Grundsteuerwert.

Grundsteuerbescheid in anderen Bundesländern prüfen: Grundsteueräquivalenzbeträge

In einigen anderen Ländern haben Sie es wesentlich leichter mit der Prüfung: Bayern, Hamburg und Niedersachsen.

Zuerst achten Sie wieder auf die richtige Übernahme aller relevanten Gebäude- und Grundstücksdaten im Bescheid. Die Äquivalenzbeträge ergeben sich dann aus der Multiplikation der Quadratmeterzahlen (Wohn- und Nutzfläche) mit der Äquivalenzzahl 0,5 Euro pro Quadratmeter beziehungsweise 0,04 Euro pro Quadratmeter Grund und Boden.

Grundsteuermessbetrag prüfen

Dieser Betrag entsteht aus der Multiplikation von Grundsteueräquivalenzbetrag oder Grundsteuerwert mit zwei Steuermesszahlen: 0,031 für bebaute Grundstücke oder 0,034 für unbebaute Grundstücke. Das Saarland und Sachsen nutzen geringfügig abweichende Messzahlen. Hier sollte sich das Finanzamt aber aller Wahrscheinlichkeit nach nicht verrechnet haben.

Grundsteuerbescheid: Einspruch einlegen

Es gibt Expertenmeinungen, die die Grundsteuerreform insgesamt oder in Teilen für verfassungswidrig halten. Hieraus entsteht jedoch keine aussichtsreiche Grundlage für einen Einspruch beziehungsweise Widerspruch gegen Grundsteuerbescheide. Finanzämter können diese leicht ablehnen.

Entdecken Sie jedoch bei der Kontrolle der Berechnung Ihres Grundsteuerwerts oder -Äquivalenzbetrags konkrete Fehler, sollten Sie unbedingt Einspruch einlegen, denn diese Fehler können später einen großen Unterschied bei der Grundsteuerforderung ausmachen.

Für einen Einspruch bleibt Ihnen ein Monat. Die Frist läuft ab dem dritten Tag nach Ausstellung des Grundsteuerbescheids. Fällt dieser Tag auf ein Wochenende oder einen Feiertag, beginnt die Frist erst ab dem nächsten Werktag – genauso verschiebt sich gegebenenfalls das Fristende. Für den Einspruch genügt ein formloses Schreiben mit Angabe von Aktenzeichen und Steuernummer. Begründen Sie Ihren Einspruch aber immer möglichst genau. Der Einspruch ist kostenlos.

Übrigens: Bei einem unbegründeten Widerspruch fordert das Finanzamt Sie meistens zu einer nachträglichen Begründung auf. So gewinnen Sie unter Umständen zusätzliche Zeit, wenn Sie Ihren Grundsteuerbescheid nicht direkt prüfen können. Dafür gibt es aber keine Garantie!

Sonderfall Baden-Württemberg: Grundsteuerbescheiden widersprechen

Baden-Württemberg hat sich als einziges Bundesland für ein Bodenwertmodell zur Neuberechnung der Grundsteuer entschieden. Dafür gab es von Anfang an viel Kritik und es laufen bereits Musterklagen vom Bund der Steuerzahler, Fachverbänden und Eigentümern. Hier bestehen tatsächlich begründetet Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Baden-Württemberger Modells. Es baut stark auf nicht immer stringente Bodenrichtwerte auf und berücksichtigt die Immobilien auf den Grundstücken überhaupt nicht.

Hier können Sie mit Verweis auf die beiden Musterklagen 8 K 2368/22 und 8 K 2491/22 (beide Finanzgericht Baden-Württemberg) immer Widerspruch gegen Ihren Grundsteuerbescheid einlegen und gleichzeitig das Ruhen des Widerspruchsverfahrens bis zur gerichtlichen Entscheidung über die Musterklagen beantragen.

Das haben in Baden-Württemberg schon viele Grundbesitzer getan. Insgesamt sollen in 14 Bundesländern bereits über 350.000 Einsprüche gegen Grundsteuerbescheide vorliegen – die großen Länder Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen machen dazu keine Angaben. Die lange, holprige Geschichte der Grundsteuerreform geht also sicherlich noch einige Zeit weiter.

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