Viele Bauspargebühren unzulässig – So holen Sie Ihr Geld zurück!

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Häuser aus Geldscheinen
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Im November 2022 sorgte ein Urteil des Bundesgerichtshofs für viel Unruhe in den Bausparkassen. Seit Jahren kassieren sie in der Ansparphase eines Bausparvertrags jährlich bis zu 30 Euro als Jahresentgelt oder Servicepauschale. Diese Praxis erklärte der BGH nun für unzulässig und schuf damit zugleich Rückzahlungsansprüche. Lesen Sie hier, was das Urteil für Sie bedeutet.


Schon beim Abschluss eines Bausparvertrags fordern alle Bausparkassen von Ihnen direkt eine Abschlussgebühr. Die beläuft sich je nach Kasse auf bis zu 1,6 Prozent der Bausparsumme. Bei einem 50.000-Euro-Bausparvertrag kommen so bis zu 800 Euro Gebühr zusammen. Erst wenn die Gebühr bezahlt ist, beginnt die Ansparphase des Vertrags.

Abschlussgebühren zulässig – Jahresentgelte in der Ansparphase nicht

Solche Abschlussgebühren erklärte der Bundesgerichtshof (BGH) schon 2010 für rechtmäßig. Die Hauptgründe für das Urteil:

  • Verbraucherinnen und Verbraucher erhalten eine Leistung für die Gebühr: ihren Bausparvertrag
  • Von der Gebühr profitiert außerdem nicht allein die Bausparkasse, sondern allgemein die jeweilige Bauspargemeinschaft.

Doch alle Anbieter forderten bis zuletzt genauso regelmäßig weitere Gebühren:

  • Jahresentgelte
  • Kontogebühren
  • Servicepauschalen
  • oder ähnlich deklarierte Jahresgebühren

Dabei wurden meist zwischen zehn und 30 Euro pauschal pro Jahr aufgerufen und zum Jahresbeginn vom Angesparten abgezogen – und das über die komplette Ansparphase der Verträge. Diese Zeit bis zur Zuteilungsreife und der Auszahlung des Bauspardarlehens dauert im Schnitt etwa sieben bis zehn Jahre. So summieren sich dann Jahresentgelte von bis zu 300 Euro.

Zur Begründung der Gebühren führten die Kassen Verwaltungskosten für Verträge und ihre Organisation oder Serviceleistungen wie eine Vertragsteilung an – unabhängig von der konkreten Inanspruchnahme der Leistungen.

Weil Deutschlands Verbraucher an Gebühren bei Banken oder Finanzdienstleistern gewohnt sind, blieb diese Praxis der Bausparkassen lange ohne großen Widerspruch; bis der Bundesverband der Verbraucherzentralen gegen die BHW Bausparkasse klagte und vorm BGH Recht erhielt. Jahresentgelte von hier 12 Euro durften nicht berechnet werden.

Darum sind Jahresentgelte in der Ansparphase eines Bausparvertrags unzulässig

Anders als bei Abschlussgebühren sahen die Richter keine konkrete Leistung hinter den Jahresentgelten und stuften sie als reine Abwälzung von Verwaltungskosten ein. Mit dem Urteil vom 15. November 2022 bewerteten sie solche Gebühren deswegen als unangemessene Benachteiligung der Bausparer.

Gemäß Bausparkassen-Gesetz gehören Organisation und Verwaltung zu den ureigenen Aufgaben einer Bausparkasse, für die sie sich nicht zusätzlich bezahlen lassen darf. Bausparer werden in der Ansparphase ihrer Verträge außerdem zu Darlehensgebern der Kassen und schulden ihnen nach gesetzlichen Regelungen kein Entgelt für die Darlehensgewährung.

Folgen des BGH-Urteils zu Bausparverträgen und Jahresentgelten

Auch wenn das Urteil nur gegen die BHW-Bausparkasse fiel, besitzt es genauso Vorbildcharakter gegenüber anderen Bausparkassen mit ähnlicher Gebührengestaltung. Für Sie als Bausparer entsteht aus dem Urteil ein Rückzahlungsanspruch der unzulässigen Entgelte. Sie können sie im Rahmen gewöhnlicher Verjährungsfristen mindestens für die Jahre 2020, 2021, 2022 und 2023 zurückfordern.

Gemäß eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs könnten die Ansprüche auf Rückzahlung sogar noch für weitere Jahre bestehen beziehungsweise nicht verjährt sein – wenn die Verbraucher wie hier nicht erkennen konnten, dass sie einen Anspruch auf Erstattung hatten.

Daraus ergibt sich dann eine verlängerte Verjährungsfrist von zehn Jahren. Nach ihr erwächst dann sogar zurück bis ins Jahr 2013 ein Rückzahlungsanspruch gegenüber den Bausparkassen. Ob sich dieser jedoch durchsetzen lässt, ist ungewiss. Dazu fehlt es bis dato an einschlägigen höchstrichterlichen Entscheidungen. Beschränken Sie Ihre Rückforderungen deswegen besser auf die letzten Jahre zuzüglich fünf Prozent Zinsen p.a. über dem Basiszinssatz des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).

So gehen Sie vor: Jahresentgelte von der Bausparkasse zurückfordern

  • Prüfen Sie die Kontoauszüge der betreffenden Jahre.
  • Achten Sie auf Konto- oder Servicegebühren, Servicepakete oder -pauschalen und Belastungen mit ähnlichen Bezeichnungen.
  • Sie finden die Abbuchungen meist am Jahresanfang.
  • Addieren Sie diese Abbuchungen bis zurück zum Jahr 2020.
  • Rechnen Sie die Verzinsung zum Zinssatz von 4,12 Prozent p.a. hinzu.
  • Nutzen Sie dann zum Beispiel diesen Musterbrief zur Rückforderung des Gesamtbetrags bei Ihrer Bausparkasse.

Von der Alte Leipziger Bauspar AG bis zur Wüstenrot Bausparkasse AG: Viele Bausparkassen erstatten derzeit auf Anforderung die Gebühren. Vor allem die Landesbausparkassen (LBS) fallen jedoch häufiger mit Ablehnungen auf. Zur Begründung nennen Sie den speziellen Charakter Ihrer Servicepakete, der Servicegebühren rechtfertigen würde. Finanzexperten sehen das jedoch anders und raten auch hier zur Rückforderung.

Was Sie tun können, wenn die Bausparkasse eine Erstattung von Jahresentgelten ablehnt

Für diesen Fall steht Ihnen der Weg offen, einen Schlichter – den sogenannten Ombudsmann – anzurufen. Das Schlichtungsverfahren verläuft außergerichtlich und kostet Sie nichts. Das Verfahren hemmt außerdem die Verjährung der Ansprüche. Dadurch entsteht eine Besonderheit: Haben Sie bereits frühzeitig im letzten Jahr Rückzahlungsansprüche gestellt oder einen Ombudsmann angerufen, waren auch Ansprüche für die Gebühren des Jahres 2019 noch nicht verjährt und können zusätzlich betrieben werden.

Insgesamt gibt es drei Schlichtungsstellen für private Bausparkassen und die Landesbausparkassen:

Auf den Seiten finden Sie jeweils Beschwerdeformulare für Ihr Anliegen. Füllen Sie diese aus und fügen Sie außerdem noch folgende Unterlagen in Kopie bei:

  • Bausparvertrag und Bausparbedingungen
  • Jahreskontoauszüge sowie den
  • betreffenden Schriftwechsel mit Ihrer Bausparkasse

Zuletzt: Noch mehr Wissenswertes zur Rückforderung von Jahresentgelten

Der Status Ihres Bausparvertrags hat keinen Einfluss auf Ihre Rückzahlungsansprüche. Diese bestehen auch für beendete oder gekündigte und ruhend gestellte Verträge – oder Verträge, die zwischenzeitlich in die Darlehensphase übergegangen sind. Ein Anspruch für „Wohn-Riester“ beziehungsweise Riester-Bausparverträge ist nicht gesichert. Hier erlaubt das Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz (AltZertG) die Erhebung von Verwaltungskosten durch die Bausparkassen. Das jüngste BGH-Urteil lässt sich somit nicht pauschal übertragen. Probieren können Sie eine Rückzahlungsforderung jedoch trotzdem.

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