Corona und Co. – Drohen höhere Krankenkassenbeiträge?

    04.08.2020
  • Lesezeit ca. 2:30 Minuten
Arzt im OP-Raum
© stefanolunardi/www.shutterstock.com

Die aktuelle Corona-Pandemie hat viele Einflüsse und Veränderungen mit sich gebracht. Auch langfristig könnte sich die Krise auswirken – vor allem in finanzieller Hinsicht. So stellt sich beispielsweise die Frage nach höheren Krankenkassenbeiträgen für gesetzlich Versicherte.


Auch wenn es fast schon selbstverständlich ist, profitieren Versicherte hierzulande von den Leistungen eines der besten Gesundheitssysteme der Welt. Kaum woanders gibt es so umfangreiche Leistungsansprüche wie in Deutschland.

Allerdings stellt sich auch angesichts der aktuellen Corona-Pandemie die Frage, wie die gesetzlichen Krankenkassen die in diesem Zusammenhang angefallenen immensen Kosten stemmen sollen. Hinzu kommen die Kosten der Gesundheitsreformen der Großen Koalition, deren alleinige Mehraufwendungen von 2019 bis 2021 einzelne Kassen auf rund 17 Milliarden Euro beziffern, berichtete der Tagesspiegel. Diese fallen etwa für die bessere Bezahlung von Pflegekräften und die Entlastung von Betriebsrentnern an. Nicht zuletzt beklagen die gesetzlichen Kassen seit langer Zeit ohnehin stetig steigende Kosten für Behandlungen und Medikamente.

Wie das Handelsblatt berichtet, steuern einige der gesetzlichen Kassen derzeit auf enorme finanzielle Engpässe zu. Spätestens zum Jahreswechsel 2020 / 2021 würden sogar Pleiten einzelner Krankenkassen drohen, wenn der Bund keine finanzielle Unterstützung bietet. Ohne diese würden auch deutlich steigende Zusatzbeiträge für gesetzlich Versicherte wohl kaum vermeidbar.

Noch bis 2019 boomende Einnahmen

Und das nach einer Zeit, in der die gesetzlichen Krankenkassen ein durchaus beachtliches finanzielles Polster aufbauen konnten. So haben die Kassen bis Ende 2019 Rücklagen in Höhe von rund 20 Milliarden Euro anhäufen können – dank florierender Wirtschaft und historisch niedrigen Arbeitslosenzahlen. Zusätzlich dazu verfügte der Gesundheitsfonds über weitere 10 Milliarden Euro, dessen Einnahmen – vor allem in Form von Steuerzuschüssen – ebenfalls auf die Kassen verteilt werden. Insgesamt also war ein Polster von rund 30 Milliarden Euro vorhanden, auf das die gesetzlichen Kassen blicken konnten.

Allerdings nur insgesamt betrachtet. Denn nach Aussage eines ranghohen Kassenfunktionärs seien die Rücklagen insgesamt sehr ungleich zwischen den einzelnen Kassen verteilt. Einige davon seien finanziell noch recht gut aufgestellt, während andere Krankenkassen aufgrund der benannten Mehraufwendungen und der Corona-Krise „an der Abbruchkante“ stünden.

Spahn sucht Ausweg

Angesichts der aktuellen Situation setzt Gesundheitsminister Jens Spahn zunächst auf den Dialog mit den Verantwortlichen. Dazu zählen etwa die Vorsitzende des GKV-Spitzenverbandes – Doris Pfeiffer – und eine Reihe von Kassenvorständen. Ziel der Gespräche sei es, Maßnahmen zu entwickeln, um die negativen finanziellen Auswirkungen der aktuellen Entwicklungen einzudämmen. Konkrete Informationen zu gemachten Vorschlägen oder gar geplanten Maßnahmen drangen bislang jedoch noch nicht an die Öffentlichkeit.

Dabei ist gerade Gesundheitsminister Spahn angesichts der Lage durchaus unter Druck. Denn Fakt ist, dass einige der gesetzlichen Krankenkassen nicht zuletzt durch die Gesundheitsreformen der Großen Koalition in finanzielle Schwierigkeiten gekommen sind. Dazu zählt etwa auch Spahns Maßnahme der finanziellen Anreize für Ärzte, die gesetzlich Versicherten schneller Termine ermöglichen. Auch diese Maßnahmen entfalten derzeit ihre finanzielle Wirkung.

Schon bei Einführung besagter Maßnahmen lagen dessen Kostenschätzungen einzelner Krankenkassen bei rund 40 Milliarden Euro. Und das war noch weit vor dem Beginn der Corona-Pandemie. Möchte Spahn, dass die Beitragssätze der gesetzlichen Krankenkassen nicht deutlich steigen, besteht also zweifellos dringender Handlungsbedarf. Ohne entsprechendes Eingreifen wäre eine Verdoppelung der aktuellen Zusatzbeiträge nach Ansicht von Kassenexperten keineswegs unwahrscheinlich.

Durchaus einseitige Lastenverteilung

Angesichts der aufgrund der Corona-Krise getroffenen Maßnahmen und Hilfspaketen scheint die Kostenlast im Gesundheitssystem tatsächlich recht einseitig verteilt zu sein. So hatte Spahn etwa den Kliniken versprochen, für einen finanziellen Ausgleich zu sorgen – zum Beispiel für die vorsorgliche Bereithaltung von Betten für potenzielle COVID19-Patienten. Auch erhalten Kliniken einen Ausgleich in Höhe von 560 Euro pro Patient, wenn planbare Behandlungen aufgrund von COVID19-Vorsorge verschoben werden müssen.

Die Kosten dieser Entschädigung tragen überwiegend die Krankenkassen. Entweder direkt oder indirekt durch Entnahme aus dem Gesundheitsfonds. Nicht zu vergessen kosten die mittlerweile recht zahlreichen zweifellos wichtigen Corona-Tests viel Geld. Geld, das die gesetzlichen Krankenkassen aufwenden und damit nicht zuletzt die Beitragszahler.

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