Urteil des Bundesarbeitsgerichtes: Arbeitszeiterfassung ist Pflicht!

    10.02.2023
  • Lesezeit ca. 2:30 Minuten
Frau im Büro
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Im September 2022 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) ein Urteil gefällt, nach dem Arbeitnehmer in Deutschland ihre Arbeitszeit vollständig dokumentieren müssen. Doch bedeutet dies automatisch eine Rückkehr zur Stechuhr für jeden Arbeitnehmer?


Die Entscheidung des BAG ist umstritten. Das Urteil bezieht sich jedoch auf die Auslegung des Bundesarbeitsschutzgesetzes nach Maßgabe des Europäischen Gerichtshofes. Dieser hatte bereits im Jahr 2019 in einem Grundsatzurteil entschieden, dass Arbeitgeber die Arbeitszeit ihrer Beschäftigten systematisch erfassen müssen.

Arbeitszeiterfassung im Betrieb in der Regel problemlos möglich

Die schlichte Arbeitszeiterfassung in einem klassischen Betrieb, in dem Arbeitnehmer morgens kommen und abends gehen, sollte problemlos möglich sein. Neben der klassischen Stechuhr stehen etliche Möglichkeiten der digitalen Erfassung zur Verfügung. Insbesondere Apps für das Smartphone bieten sich als praktische Lösung an. Arbeitszeiten lassen sich damit nicht nur schnell und einfach erfassen, sondern mit der entsprechenden Softwarelösung im Hintergrund auch unkompliziert und automatisiert auswerten. Auch die Erfassung der Arbeitszeit in Papierform, zum Beispiel als Eintrag in einem Kalender oder in vorgefasste Formulare, ist zulässig, wenngleich diese Form der Dokumentation wohl nur für sehr kleine Betriebe mit wenigen Beschäftigten in Frage kommt.

Problem: Homeoffice

Auch für Arbeitnehmer im Homeoffice gilt die Pflicht zur Dokumentation der Arbeitszeit. In welcher Form die Erfassung erfolgt, bleibt den Arbeitgebern überlassen. Aber auch hier bieten sich digitale Lösungen wie Apps für Smartphone oder Tablet an, um eine automatisierte Verarbeitung der Daten zu gewährleisten. Aber nicht nur im klassischen Homeoffice lässt sich Arbeitszeit auf diese Weise einfach erfassen. Auch beispielsweise in der Freizeit oder am Wochenende geführte, betrieblich veranlasste Telefonate oder die Beantwortung wichtiger E-Mails können so entsprechend unkompliziert dokumentiert werden.

Vertrauensarbeitszeit vs. Arbeitszeiterfassung

Mit zunehmender Tendenz arbeiten Beschäftigte im Rahmen sogenannter Vertrauensarbeitszeit. In diesem Modell liegt der Fokus nicht auf die Arbeitszeit, die ein Beschäftigter zur Verfügung stellen muss, wie etwa die 40-Stunden-Woche. Im Vordergrund steht vielmehr der Zeitrahmen, in welchem der Arbeitnehmer bestimmte Aufgaben zu erledigen hat. Das Konzept bietet ein hohes Maß an Flexibilität bei der Planung der Arbeitszeit und setzt sich daher insbesondere bei höher qualifizierten Berufsgruppen immer mehr durch. Auch wenn das Modell Vertrauensarbeitszeit gerade keine direkte Arbeitszeitenregelung enthält, müssen Beschäftigte, die im Rahmen eines solchen Konzeptes arbeiten, ihre Arbeitszeit genau dokumentieren. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) führt hierzu aus, dass das Arbeitsschutzgesetz, insbesondere Regelungen zur täglichen Höchstarbeitszeit und Ruhezeiten, ohnehin auch das Konzept Vertrauensarbeitszeit umfasst und dieses Modell daher unter Beachtung der Vorgaben auch weiterhin möglich ist.

Deutsches Arbeitszeitgesetz noch nicht an das BAG-Urteil angepasst

Auch wenn das Urteil des Bundesarbeitsgerichts bereits im September 2022 gefällt wurde, folgte die Urteilsbegründung erst Anfang Dezember 2022. Diese ist Grundlage für den Gesetzgeber, um notwendige Änderungen des Gesetzes zu prüfen und gegebenenfalls zu erlassen. Laut dem BMAS soll ein Vorschlag zur Änderung des Arbeitsgesetzes im Hinblick auf die Urteilsbegründung des BAG im ersten Quartal 2023 erfolgen. Ungeachtet dessen weist das Ministerium darauf hin, dass das Urteil des BAG verbindlich und die Pflicht zur Aufzeichnung der Arbeitszeit deshalb bereits heute geltendes Recht ist.

Arbeitszeiterfassung und Datenschutz

Auch bei der Arbeitszeiterfassung ist die Datenschutzgrundverordnung zu beachten, besonders Artikel 5 über die Grundsätze für die Verarbeitung personenbezogener Daten. Demnach dürfen nur solche Daten erhoben und weiterverarbeitet werden, die für festgelegte, eindeutige und legitime Zwecke notwendig sind. Ab einer bestimmten Unternehmensgröße sind Firmen verpflichtet, einen Datenschutzbeauftragten zu bestellen, der die Einhaltung der Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung überwacht.

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